Abnehmen ist nach wie vor keine leichte Übung. Ich hatte dazu bereits einiges geschrieben. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Diäten keine Dauerlösung sind. Denn allzu häufig stellen sich die verlorenen Pfunde unverzüglich ein, wenn die Diät beendet wird, was man als den berüchtigten Jojo-Effekt bezeichnet. Auch Fasten ist nicht die ultimative Antwort, nicht zuletzt weil hier nach Beendigung des Fastens ähnliche Ergebnisse beobachtet werden können.

Grund hierfür ist die Tatsache, dass der Organismus sich auf die neuen Bedingungen, sprich Kalorienrestriktion, so einstellt, dass er weniger Kalorien verbraucht. Sind dann Diät oder Fasten beendet, resultiert eine sofortige Wiederaufnahme der üblichen Ernährung in einer Kalorienschwemme, die der auf Sparflamme fahrende Metabolismus nicht bewältigen kann. Das Ergebnis: Die jetzt überflüssigen Kalorien werden als Energiereserven in Fettzellen abgespeichert und der Jojo-Effekt ist perfekt.

Wenn dem so ist, dann würden sich ja Sport und andere Arten von körperlicher Bewegung anbieten, um abzunehmen. Denn durch Sport etc. verbrennen wir vermehrt Kalorien, was einer negativen Kalorienbilanz zugute kommt. Und gesund ist es auch noch. Und die großen Lebensmittelkonzerne, wie Coca-Cola, Pepsi-Cola, Nestlé und so weiter, erzählen uns ja auch immer wieder, dass man ihre Produkte ruhigen Gewissens genießen kann, wenn man nur ordentlich Sport betreibt. Aber das Abnehmen bleibt ein unlösbares Mysterium, trotz intensiver sportlicher Maßnahmen, die auch nicht so richtig zu greifen scheinen.

Was passiert da? Warum bringen Diäten nichts, Fasten kaum etwas, und Sport auch nur wenig bis gar nichts?

Metabolismus gegen Ego

Gleich zu Beginn eine Feststellung: Wenn man abnehmen und danach auch das Gewicht beibehalten möchte, dann ist es wichtig zu verstehen, dass niemand in der Lage ist, durch Sport seinen Mund zu überholen. Das heißt, dass die Ernährung eine größere Rolle spielt als körperliche Bewegung. Das heißt aber nicht, dass körperliche Bewegung in diesem Zusammenhang nichts zu suchen hat.

Denn wir wissen heute, dass Sport und körperliche Bewegung ähnlich effektiv oder sogar noch effektiver als medikamentöse Therapien sind, wenn es darum geht Diabetes, Herzerkrankungen, Depressionen etc. zu behandeln (Körperliches Training kann Medikamente bei Herzerkrankungen ersetzen). Damit kommt dem Sport etc. die Rolle zu, die Gesundheit zu optimieren und zu stabilisieren. Für das Abnehmen jedoch scheint er keine Schlüsselrolle zu spielen. Denn es macht auch keinen Sinn, sich mit Junk-Food, Fast-Food und industriell gefertigten Lebensmitteln voll zu stopfen und dann zu erwarten, dass eine Runde Jogging die negativen Effekte einer solchen Ernährung beiseite fegt. Zusätzlich kann die Frage, was man wann ist, ebenfalls eine gewisse Bedeutung haben. Weniger essen und auf das Timing der Mahlzeiten achten kann einen ersten positiven Einfluss auf den eigenen Metabolismus haben.

Inzwischen gibt es eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten, die gezeigt haben, dass zur Gewichtsabnahme eine gesunde Ernährungsweise deutlich bessere Ergebnisse mit sich bringt als Sport und körperliche Bewegung. In einem Interview in der Huffington-Post äußert sich Dr. Talbott, ein Nahrungsmittel-Biochemiker, folgendermaßen:

„Leute, die über einen Zeitraum von 15 Wochen Diät machten, verloren im Durchschnitt 23 Pfund; Leute, die Sport trieben, verloren nur 6 Pfund in 21 Wochen. Man sieht, es ist viel leichter die Kalorienmenge zu reduzieren als die entsprechende Kalorienmenge durch körperliche Aktivität zu verbrennen.“

Damit wäre ein erster, relativ einfacher Schritt, um abzunehmen und seinen Metabolismus auf Fettverbrennung umzustellen, der Verzicht auf Limonaden, süße Getränke und dergleichen und durch Wasser zu ersetzen. Schnellimbiss, Snacks und andere schnelle Zwischenmahlzeiten sind eine andere Kategorie, die es zu eliminieren gilt, nicht zuletzt deshalb, weil sie zur Ernährung so gut wie nichts beitragen. Der Verzicht auf diese Dinge senkt die Einnahme von toten Kalorien.

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Eine neuere Studie zeigte ebenfalls, dass körperliche Betätigung und Gewichtsverlust weitestgehend voneinander unabhängig sind:

Accelerometer-measured physical activity is not associated with two-year weight change in African-origin adults from five diverse populations

In dieser Studie wurden körperliche Aktivität und Veränderung des Körpergewichts in einer 3-jährigen Studie bei jungen Erwachsenen aus 5 Ländern (Ghana, Südafrika, Jamaika, Seychellen und den USA) beobachtet.

Insgesamt nahmen 1944 Männer und Frauen teil. Zu Beginn wurden Gewicht, BMI und Daten zur körperlichen Aktivität erhoben. Es wurde die Zeit für tägliches Sitzen gemessen.

Resultate: Zu Beginn hatten die Männer aus Ghana und Südafrika das geringste Körpergewicht und die Männer und Frauen aus den USA das höchste (63,4/64,9 Kilogramm gegenüber 93,6/91,7 Kilogramm). 85 Prozent der Teilnehmer aus Ghana unterhielten ein normales Körpergewicht. Demgegenüber standen nur 29 Prozent der amerikanischen Männer, 52 Prozent der Frauen aus Ghana und nur 15 Prozent der Frauen aus den USA.

Die erneuten Messungen nach 2 Jahren ergaben keine signifikanten Veränderungen des Körpergewichts für die amerikanischen Männer und Frauen aus Jamaika im Vergleich zu südafrikanischen Männern und Frauen aus Ghana, die 0,6 beziehungsweise 1,2 Kilogramm zugenommen hatten.

Die durchschnittliche Gewichtszunahme schien bei normalgewichtigen Personen ausgeprägter zu sein als bei übergewichtigen. Weder ausgeprägt starke körperliche Aktivitäten, noch überwiegend sitzende Lebensführung war mit einer Gewichtszunahme assoziiert. Die statistische Auswertung ergab, dass nur Alter und Geschlecht einen signifikanten Zusammenhang mit Gewichtszunahme zu haben scheinen.

Die Autoren schlossen daraus, dass vermehrte körperliche Aktivitäten alleine nicht vor einer  Gewichtszunahme schützen können. Von daher liegt die Annahme nahe, dass Umweltfaktoren, wie die Ernährung, eine größere Rolle zu spielen scheinen.

Ähnliche Ergebnisse hatte es bereits 2012 gegeben, wo ein wissenschaftlicher Aufsatz dieser Frage nachging: Why do individuals not lose more weight from an exercise intervention at a defined dose? An energy balance analysis. Diese Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass Leute, die Sport treiben, am Ende weniger Energie verbrauchten als ihr Aktivitätslevel vermuten lässt. Dies ist ein Phänomen, das mit dem Begriff „metabolische Kompensation“ bezeichnet wird. Eine weitere ungünstige Konsequenz daraus ist, dass diese Leute ihre Kalorienaufnahme danach deutlich erhöhen. Damit hätten wir einen ähnlichen „Jojo-Effekt“, wie wir ihn auch aufgrund der metabolischen Situation bei Diäten vorfinden.

Dazu gesellt sich noch die Tatsache, das körperliche Bewegung nur zwischen 10 und 30 Prozent des gesamten Energiebedarfs ausmacht. Der größte Teil des Energiebedarfs wird vom Grundumsatz beansprucht. Darunter versteht man die Energiemenge, die der Körper in vollkommener Ruhe bei 28 Grad Celsius und nüchtern benötigt, um seine Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Das heißt also mit anderen Worten, dass wir im Schlaf mehr Energie benötigen als vergleichsweise bei körperlichen Aktivitäten. Es gibt kaum eine Möglichkeit, Einfluss auf die basale Stoffwechselrate zu nehmen (höchstens über die Gabe von Hormonen mit den entsprechenden Nebenwirkungen). Wesentlich einfachere und effektivere Möglichkeiten der Kontrolle und Einflussnahme bietet die andere Seite. Und das ist die Kontrolle darüber, wie viel Kalorien ich zu mir nehme.

Diese Diskrepanz ist bereits ein wichtiger Hinweis darauf, welche Strategie den größeren Effekt bei der Gewichtsreduktion haben wird – mehr Sport und Bewegung oder eine Kalorienrestriktion.

Ein Video-Beitrag in Youtube (The science is in: Exercise isn’t the best way to lose weight) zitiert eine Studie, der zufolge die Mitglieder eines Stamms von Jägern und Sammlern in Afrika mit ausgiebigen täglichen körperlichen Aktivitäten im Vergleich zu durchschnittlichen Amerikanern mit Schreibtischjob keine Unterschiede beim Kalorienverbrauch aufwiesen. Die hier beobachteten Unterschiede liegen in der Ernährung: die Jäger und Sammler essen anders und deutlich weniger.

Wie quälend sich das Unterfangen, durch körperliche Bewegung und Sport aufgenommene Kalorien zu verbrennen, werden kann, demonstriert dieser Beitrag an ein paar Beispielen:

Man muss eine Stunde intensiv laufen, um die Kalorien aus einem Big-Mac plus einer Portion Pommes-Frites zu antagonisieren.

Eine Stunde intensiv tanzen, um 3 Gläser Wein zu verbrennen.
Und eine Stunde intensives Fahrradfahren für 2 Donuts.

Der Videobeitrag kommt zu dem Schluss, dass es zwar möglich ist, durch Sport abzunehmen. Jedoch ist dieser Weg mit einer Reihe von Opfern verbunden, sehr zeitaufwendig und daher kaum durchführbar. Weiter resümiert dieser Beitrag, dass es im Interesse der Lebensmittelindustrie liegt, diesen unwahrscheinlichen Weg als die Ultima ratio für Gesundheit und Gewichtskontrolle zu propagieren. Denn nur so kann man dickmachende und ungesunde Produkte an den Mann bringen und dennoch von Gesundheit reden.

Wie beeinflussen tägliche Aktivitäten das Körpergewicht?

Viele Zeitgenossen haben eine Arbeit, die sie für längere Zeit an den Stuhl fesselt. Diese Arbeit von 2016 (Energy Expenditure During Acute Periods of Sitting, Standing, and Walking.) hat einmal nachgeschaut, wie viel Kalorien verbrannt werden, wenn die Teilnehmer sitzen oder stehen. Dabei stellten die Autoren fest, dass einfaches Aufstehen keine signifikanten Auswirkungen auf eine gewünschte Gewichtsreduktion hat. Laufen dagegen hat einen besseren, aber bescheidenen Effekt. Und der ist nur dann gegeben, wenn eine entsprechende Ernährung beachtet wird. Zusammengefasst fanden sie:

  • Sitzen verbrennt 20 Kalorien in 15 Minuten
  • Stehen und Aufstehen verbrennen 22 Kalorien in 15 Minuten
  • Laufen verbrennt knapp dreimal soviel Kalorien wie Sitzen oder Stehen. Eine Stunde laufen resultiert zudem in einem weiteren Verbrauch von 130 Kalorien.

Obwohl Stehen keinen nennenswerten Kalorienverbrauch bewirkt, hat es den Vorteil, dass die Wahrscheinlichkeit, sich zu bewegen, deutlich erhöht ist. Es gibt einen weiteren Vorteil. Das reine Aufstehen scheint mit einer Aktivierung von molekularen Kaskaden verbunden zu sein, die einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben. Denn nur 90 Sekunden Stehen aktivieren Systeme in Zellen und Muskulatur, die Einfluss haben auf die durch Insulin gesteuerte Verarbeitung von Blutzucker, Triglyceriden und Cholesterin. Grundlage dieser Aktivierung scheint ein rein physikalischer Vorgang zu sein. Und das ist das eigene Körpergewicht, das auf diesem System lastet. Dies scheint auch der Grund zu sein, warum man bei Astronauten unter Schwerelosigkeit Probleme gesehen hat, die durch ein Belastungstraining im Weltraum verhindert werden sollen. Dies nur nebenbei. Die Gravitation scheint auch mitbeteiligt zu sein bei der Aufnahme von bestimmten Nährstoffen in die Zellen, was durch häufiges Aufstehen etwas besser verläuft.

Abnehmen nur durch FDH und ohne Sport?

Nach dem, was wir bislang herausgefunden haben, scheinen Sport und körperliche Betätigung beim Abnehmen eine so geringe Rolle zu spielen, dass man vielleicht sogar ganz darauf verzichten kann. Aber auch hier würden wir es uns wieder einmal zu leicht machen. Denn, wenn auch Sport etc. beim Abnehmen nicht die Rolle spielen, die wir ihnen so gerne andichten, spielen sie eine ebenso große, wenn nicht größere Rolle bei der Frage nach Gesundheit wie ein normales Körpergewicht auch.
Hierzu gibt es 2 Studien, leider nur Metaanalysen.

  1. Diet or Exercise Interventions vs Combined Behavioral Weight Management Programs: A Systematic Review and Meta-Analysis of Direct Comparisons
  2. Impact of long-term lifestyle programmes on weight loss and cardiovascular risk factors in overweight/obese participants: a systematic review and network meta-analysis

Das Ergebnis beider Metaanalysen ist, dass die Kombination von gesunder Ernährung und körperlicher Aktivität zu einem nachhaltigen Gewichtsverlust führen kann, der zu keinem Jojo-Effekt zu führen scheint.

In dem bereits oben erwähnten Interview in der Huffington-Post kommt ein weiterer Experte zu Wort, Dr. Michele Olson, eine Professorin für Sportwissenschaften an der Universität von Montgomery in Alabama. Sie sagt:

„Es ist möglich, Gewicht durch eine Diät allein zu verlieren. Aber körperliche Bewegung ist ein wichtiger Faktor. Ohne körperliche Bewegung erfolgt die Gewichtsreduktion nur zu einem gewissen Teil durch die Reduzierung von Körperfett. Ein gewisser Teil erfolgt durch den Verlust von Muskelmasse und teilweise auch Knochendichte. Körperliche Bewegung stimuliert das Wachstum des metabolischen Gewebes, was in einem Gewichtsverlust durch Fettverlust resultiert.

Diese Form des Gewichtsverlust hat keinen so beeindruckenden Effekt, wenn man sich auf die Waage stellt. Denn Muskeln nehmen weniger Platz ein als Fett. Man sieht schlanker aus und die Sachen passen besser. Man wird schneller schlank, indem man als Übung das Körpergewicht gegen die Erdanziehung einsetzt als vergleichsweise durch Liegestütze, Hocke, Kniebeugen und ähnliche Übungen.
Neben der Fettverbrennung hat körperliche Bewegung weitere gesundheitliche Vorteile zu bieten, wie zum Beispiel die Verbesserung der Schlafqualität, Senkung von Cholesterin und Reduktion von Stress.“

Aber auch die Kombination von Ernährung und körperlicher Aktivität ist keine Erfolgsgarantie, wenn nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Und diese Voraussetzung ist bestimmt durch die Qualität der Ernährung. Das Wichtigste hier ist, dass man auf Nahrungsmittel zurückgreift, die diesen Namen verdienen. Industriell gefertigte Nahrungsmittel zählen mit Sicherheit nicht dazu. Vielmehr sind natürlich gewachsene Nahrungsmittel zu bevorzugen. Die Zufuhr von notwendigen Nährstoffen, Mineralstoffen, Vitaminen, Ballaststoffen etc. ist meistens nur durch Nahrungsmittel gewährleistet, die auf natürlichem und biologischem Wege produziert worden sind.

Eine weitere hilfreiche Variante ist die ketogene Diät. Bei dieser Diät kommt es darauf an, Kohlehydrate zu vermeiden oder aber auf ein Minimum zu reduzieren. Dadurch ist der Organismus „gezwungen“, eine Alternative zur Kohlehydrate basierten Energiegewinnung einzuleiten; und das ist die Fettverbrennung, die zur Bildung von Ketonen führt. Der Vorteil ist ein Vielfacher:

  1. werden die Fettdepots in Angriff genommen und reduziert = ein guter Beitrag zum Abnehmen.
  2. ist die Energiegewinnung aus Ketokörpern nachhaltiger.
  3. hält diese Form der Energiegewinnung die Insulinspiegel auf einem notwendigen Minimum, was für den Organismus mit einer Reihe von Vorteilen einhergeht.

Fazit

Wer abnehmen will, der muss auf seine Ernährung achten. Es geht weniger um eine bloße Verringerung der Kalorienmenge oder eine Erhöhung des Kalorienverbrauchs. Solche mathematischen Gleichungen sind für ein biologisches System nur bedingt anwendbar. Vielmehr geht es in erster Linie darum, seine Ernährung so umzustellen, dass es sich um eine gesunde Ernährung handelt, die in physiologischen Mengen verzehrt wird. Körperliche Bewegung ist unerlässlich für weitere gesundheitliche Aspekte, von denen die meisten nur indirekt etwas mit Gewichtsreduktion und ähnlichem zu tun haben. Beides zusammen jedoch scheint sich günstig auf eine nachhaltige Gewichtsreduktion auszuwirken.

Fazit vom Fazit: Abnehmen ist kompliziert, weil hier Einfluss auf komplizierte biochemische und physiologische Prozesse des Organismus genommen wird, die man nicht mit mathematischen plus/minus-Gleichungen aus der Schule erklären kann.

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