Immer wieder werden uns Geräte vorgestellt, mit denen man „ultimativ“ oder „perfekt“ trainieren können soll.

In einem Artikel (ich erwähne lieber nicht wo), las ich, dass mit dem Bosu Ball „jeder zu Hause effektiv seine Bauchmuskeln trainieren kann, denn der etwa 22 cm hohe und 63,5 cm breite Bosu-Ball trainiert gezielt auch die Tiefenmuskulatur.“

Doch zunächst: Was ist der Bosu Ball eigentlich?

Der Bosu-Ball ist eine aus einem nachgebenden Material (Plastik) geformte Halbkugel.

Im Kontrast zum herkömmlichen Gymnastikball (zum Beispiel Pezziball), soll der Bosu-Ball entscheidende Vorteile bieten: Da er halb Ball und halb Board ist, eignet er sich für eine größere Zahl an Übungen – auch Step-Aerobic kann damit gemacht werden. Seiner Vielseitigkeit hat er auch den Namen zu verdanken: BOSU, das für „Both Sides Utilized“ steht.

Nächste Frage: Was ist denn mit den Aussagen zum Bosu?

Da lese ich zum Beispiel:

„Der Bosu trainiert nicht nur die Kraft der Muskulatur, sondern auch die Balance und Muskelkoordination. Daher ist der Bosu-Ball auch hervorragend geeignet für Sit-ups. Gegenüber Übungen, die auf dem Boden gemacht werden, ist die Effektivität bei Ballübungen um 15 % gesteigert, da die Tiefenmuskulatur für die Balance sorgen muss.“

Das hört sich für einen Laien wirklich toll an! 15% effektiver, Tiefenmuskulatur, Balance, Kraft…

Ich will mich in der Antwort so kurz wie möglich fassen: BLÖDSINN.

Ok. Das ist etwas kurz.

Also die ausführlichere Variante.

1. Kraft trainiert nicht der Bosu, sondern die wird über die Last trainiert. Dies ist beim Bosu das eigene Körpergewicht. Der Bosu ist also KEIN Kraftgerät, kann aber für ein Kräftigungstraining genutzt werden – das ist ein Unterschied. Und so kann man zum Beispiel auch sit-ups auf dem Gerät machen, aber das kann ich auch ohne den Bosu.

2. Balance und Muskelkoordination sind das Gleiche. Koordination ist der sportwissenschaftliche gängige Begriff.

3. Bleiben wir beim Beispiel situps: durch die instabilere Unterlage (BOSU) wird ein anderer Trainingsreiz gesetzt, der eine höhere intramuskuläre und intermuskuläre Koordination erfordert. Hierdurch kann ein ungewohnter Trainingsreiz (z.B. eine andere Alpha-Motoneuronen-Instabilität) entstehen und eine Leistungsanpassung (Superkompensation) ausgelöst werden. Dieser Effekt wird aber relativ rasch verbraucht sein (wenige Wochen). Mit der „Tiefenmuskulatur“ wie oft behauptet wird, hat das aber nichts zu tun.

Das Konzept des „Tiefenmuskulatur-Trainings“ bezieht sich auf das Konzept der „segmentalen Stabilität der Wirbelsäule“ u.a. von Richardson und Hamilton (sowie anderen). Dabei sollen bei dieser Art Koordinationstraining die „tiefen Rückenmuskeln“, nämlich die tiefen Anteile des Errector spinae = Rückenstrecker (das transversospinale System)  „besser“ trainiert werden; korrekterweise müsste ich auch hier sagen: schneller angesteuert werden.

Dieses Konzept der „Tiefenmuskulatur“ wird von manchen Trainern auch mal schnell umgedeutet. Da gibt es plötzlich auch eine „Tiefenmuskulatur“ der Oberschenkel oder des Bauches. Natürlich gibt es Faseranteile zum Beispiel des Quadrizeps die dem Knochen näher sind und von außen gesehen natürlich „tiefer“ liegen. Aber das diese Anteile durch ein Bosu-Training (oder sonstiges Koordinationstraining) besser angesprochen würden, ist so nicht zu halten. Jedenfalls nicht nach meiner Erkenntnis.

Hier werden meines Erachtens zahlreiche Begriffe durcheinandergewirbelt, was eher zur Begriffsverwirrung, denn zur Klärung beiträgt.

4. Die 15% Steigerung blieben ja noch. Das kann schon stimmen, wenn ich auch gerne Näheres über die Messmethode erfahren wollen würde. Dieser 15% Effekt kann auf der höheren intramuskulären Koordination beruhen, die im Vergleich zu sit-ups auf dem Boden erzielt werden kann. Ebenso: Die Vordehnung der Bauchmuskeln ist auf dem Halbrund des Bosu einfach höher. Daher wird der situp effektiver, weil Ursprung und Ansatz der trainierenden Muskulatur weiter entfernt werden. Dadurch wird ja jede Übung effektiver. Allerdings sollte bei der Bauchübung  auf dem Halbrund (zum Beispiel auch auf dem Pezziball) darauf geachtet werden, dass keine Zwangslagen für die Wirbelgelenke entstehen… aber das ist etwas, was ich in einem Video erklären sollte.

Kommen wir also zum Fazit:

Der Bosu ist ein schönes Gerät um die Koordination zu trainieren und erweitert die bisherigen „instabilen Unterlagen“. Und weil er eine Abwechslung bietet, haben wir den Bosu auch bei uns im Therapie & Sportzentrum. Aber Bitte: hört auf den Bosu als „Kraftgerät“ anzupreisen oder ihm Eigenschaften zuzuschreiben, die das Gerät einfach nicht leisten kann.

Kosten: Der Bosu-Ball ist nicht ganz billig. Für die Anschaffung muß man mit einem Preis von rund 150.- € rechnen. Aber solche Preise bin ich von „medizinischen Trainingsgeräten“ ja schon gewöhnt…

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Beitragsbild: 123rf-com – khosrork