In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die aktuelle Studie von Minaei et al. mit dem Titel „CYP1A2 Genotype Polymorphism Influences the Effect of Caffeine on Anaerobic Performance in Trained Males“, was man ins Deutsche in etwa so übersetzen könnte:

CYP1A2-Genotyp-Polymorphismus beeinflusst die Wirkung von Koffein auf die anaerobe Leistung gut trainierter Sportler

Tatsächlich gehört Koffein zu den effektivsten Nahrungsergänzungsmitteln für Kraft- und Ausdauersportler. Dessen positive Wirkungen gehen allerdings über eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit hinaus.

Trotzdem ist es noch nicht erwiesen, dass man mit Koffein seine „longitudinalen Trainingsanpassungen“ wirklich verbessern kann. Dies steht möglicherweise in einem engen Zusammenhang mit der Frage, ob der Genotyp überhaupt einen signifikanten Einfluss auf die leistungssteigernde Wirkung einer Koffeinergänzung hat.

Das CYP1A2-Gen bestimmt die Codierung eines Schlüsselenzyms, das für die Geschwindigkeit des Koffeinstoffwechsels zuständig ist. Das ADORA2A-Gen beeinflusst dagegen einen Schlüsselrezeptor, der wiederum maßgeblich die ergogene Wirkung des Koffeins steuert.

Die hier betrachtete Studie befasst sich vornehmlich mit dem erstgenannten CYP1A2-Gen, indem untersucht wurde, wie sich Koffein auf die Leistung von Personen mit zwei Kopien des A-Allels, also mit AA-Genotyp (schnelle Metabolisierer) im Vergleich zu den langsamen Metabolisierern mit mindestens einer Kopie des C-Allels (AC- oder CC-Genotyp) auswirkt.

Teilgenommen haben an dieser Studie 16 Männer mit Erfahrung im Krafttraining und einem normalen täglichen Koffeinkonsum von weniger als 100 mg:

  • Altersrange: 14,5 – 28,7 Jahre
  • Körpergrößen: 174,1 – 185,3 cm
  • Gewicht: 65,35 – 78,95 kg

Zu „schnellen Metabolisierern“ des Genotyps AA gehörten sechs Teilnehmer, die anderen zehn Probanden waren vom Genotyp AC oder CC. Im Rahmen der placebo-kontrollierten Cross-over-Studie erfolgten zwei Testphasen, die durch eine einwöchige Auswaschphase unterbrochen waren. Beim ersten Experiment konsumierten die Teilnehmer eine Stunde vor dem Belastungstest 6 mg/kg Koffein. Das darauf folgende Experiment sah eine entsprechende Menge Placebos vor.

Bewertet wurden die Leistungen mit einem Wingate-Test, bei dem ein 30 Sekunden langer Sprint auf dem Fahrradergometer zu absolvieren war. Als zusätzlicher Widerstand wurden 7,5 Prozent der Körpermasse eingestellt. Registriert wurden dabei die folgenden Parameter:

  • Spitzenleistung
  • Mittlere Leistung
  • Mindestleistung
  • Ermüdungsindex

Letzterer ergibt sich aus der relativen Differenz zwischen Spitzen- und Mindestleistung in Prozent.

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Ergebnisse

Bei den schnellen Metabolisierern erhöhte Koffein die Spitzenleistung signifikant (p=0,039). Bei den langsamen Metabolisierern wurde sogar eine Verringerung verzeichnet (p=0,135), die allerdings nicht signifikant war. Gleiches galt für die durchschnittliche Leistung (p=0,473), die zeigte, dass Koffein beide Genotypen nicht sonderlich unterstützt hat. Interaktionseffekte zwischen den Behandlungen und den Gruppen waren weder für die Mindestleistung (p=0,839) noch für den Ermüdungsindex (p=0,239) erkennbar. Schlussendlich konstatierten die Forscher, dass ihre ursprüngliche Hypothese nur „teilweise“ bestätigt werden konnte.

Zwar suggerieren diese Ergebnisse, dass Koffein lediglich für schnelle Metabolisierer ergogen sei, aber mit nur sechs Teilnehmern ist die Stichprobengröße einfach nicht repräsentativ. Betrachtet man die Literatur dazu in der Breite, sind eindeutige Aussagen kaum zu finden.

Zum Beispiel fand die erste Studie, die sich mit der Beziehung zwischen CYP1A2-Genotyp und Leistungssteigerung durch Koffein beschäftigte, heraus, dass sich schnelle Metabolisierer beim Zeitfahren unter Koffeinergänzung um knapp fünf Prozent verbessern konnten, während langsame Metabolisierer hierbei nur 1,8 Prozent Steigerung erreichten.

Kürzlich berichteten Wong et al. über Probanden mit AA- und AC-Genotyp, die keinen signifikanten Leistungsvorteil aufwiesen, während 4 mg/kg Koffein die Handgriffstärke der CC-Genotyp-Probanden um fast 13 Prozent reduzierten.

Es gibt eine relativ aktuelle systematische Übersichtsarbeit, die zeigte, dass nur zwei von elf Studien zu dem Schluss kamen, dass beim CYP1A2-Genotyp die anaeroben Leistungen durch die Wirkung von Koffein gesteigert werden konnten. Diese beiden Studien berichteten überdies über Beeinträchtigungen bei den ergogenen Leistungen von langsamen Metabolisierern (AC- oder CC-Genotypen), wobei dies an Radzeitfahren über Distanzen von 10 bis 40 km gemessen wurde.

Acht Studien gründeten dagegen auf Kraft-, Leistungs- und Sprinttests. Zwei dieser Studien kamen zu dem Ergebnis, dass der CYP1A2-Genotyp die ergogene Wirkung von Koffein sehr wohl beeinflusst, zumindest bei den schnellen Metabolisierern.

Man hat hier bei diesen widersprüchlichen, eher substanzlosen Aussagen wirklich den Eindruck, dass offenbar die Fragestellung selbst das Problem ist. Viel praktischer wäre doch die Frage, ob langsame Metabolisierer durch Koffein-Supplementierung überhaupt eine ergogene Wirkung in wünschenswertem Ausmaß erzielen können. Die systematische Übersichtsarbeit von Grgic et al. lässt jedenfalls Zweifel darüber aufkommen, dass allein die Vererbung des AC- oder CC-Genotyps den Sportler automatisch zu einem Nonresponder auf Koffein macht.

Zusammenfassung

Möglicherweise ist es tatsächlich so, dass schnelle Metabolisierer (Genotyp AA) ergogen etwas stärker auf Koffein-Supplementierung reagieren als langsame Metabolisierer (AC- oder CC). Die Unterschiede im Genotyp zeigen sich eher bei lang andauernder aerober Aktivität sowie bei hoher Koffeindosis (> 6 mg/kg). Langsame Metabolisierer können dennoch von Koffeindosen zwischen 2 und 6 mg/kg ergogen profitieren.

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Dieser Artikel wurde am 23.04.2022 erstellt.