Neben Bindegewebe, Nervengewebe und Epithelien gehören Muskeln zu den wichtigsten Geweben des menschlichen Körpers. Ein gesunder Mensch verfügt über 656 Muskeln. Bestandteile des Muskelgewebes bekamen eine eigene Nomenklatur, die sich vom griechischen sarkós für Fleisch ableitet.

Mitochondrien der Muskelzellen heißen beispielsweise Sarkosom, das Cytoplasma auch Sarkoplasma.

Neben dem Nervensystem verbraucht die Muskulatur die größte Menge an Energie im Körper. Muskeln halten den Körper aufrecht, geben Kraft für Bewegung, helfen, das Gleichgewicht zu halten und können Wärme erzeugen. Doch sie können noch mehr, denn Muskeln kommunizieren mit dem Körper über Botenstoffe. Daher wirkt sich Bewegungsmangel so negativ auf das Wohlbefinden aus wie sich sportliche Betätigung heilsam auf vielerlei unterschiedliche Beschwerden auswirkt.

Die Kenntnis von Aufbau und Funktionsweise der Muskeln hilft, dieses komplexe und wichtige Gewebe besser zu verstehen. Funktion und Aufbau von Muskeln wurden schon früh erforscht und die Muskelkontraktion gehört daher heute zu den am besten bekannten Bewegungsmechanismen tierischer Zellen.

Alle Wirbeltiere, darunter der Mensch, verfügen über drei verschiedene Muskeltypen:

Skelettmuskulatur

Sie kann sich kraftvoll und schnell zusammenziehen und bewegt Gelenke. Skelettmuskeln bestehen aus Bündeln von Muskelfasern, von denen jede eine große, vielkernige Zelle ist. Muskelzellen enthalten besonders viele ATPasen zur Energiefreisetzung. Einige Muskeln gelten aufgrund ihrer Struktur als Skelettmuskeln, bewegen aber keine Knochen, wie der Zungenmuskel.

Glatte Muskel

Sie sind im Verdauungs- und Harnstrakt, den Arterien und Venen zu finden. Glatte Muskeln bestehen aus dünnen, gestreckten Muskelzellen, die nur einen Zellkern haben. Sie sind spontan aktiv und werden vom vegetativen Nervensystem gesteuert.

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Herzmuskel

Das menschliche Herz ist eine Sonderform des Muskels und kann bezüglich seiner Eigenschaften zwischen Skelettmuskel und glattem Muskel eingeordnet werden. Der Herzmuskel ist für den Herzschlag verantwortlich. Spezielle elektrische Übergänge zwischen den Herzmuskelzellen sorgen für synchrone Kontraktion. Herzmuskelzellen sind einkernig und verzweigt.

Muskelgewebe besteht aus Muskelzellen, die oft auch als Muskelfasern bezeichnet werden. Sie sind von Bindegewebe umgeben und bilden größere Faserbündel. Muskelfasern sind in der Lage, durch Kontraktion mechanische Kraft zu erzeugen.

Skelettmuskelfasern haben bei Erwachsenen einen Durchmesser von rund 50 μm und eine Länge von bis zu 15 Zentimetern. Die riesigen Zellen entstehen während ihrer Entwicklung aus vielen kleineren Zellen und enthalten daher auch zahlreiche Zellkerne.

Jede Muskelfaser enthält zahlreiche Myofibrillen, die Actin- und Myosinfilamente enthalten. Die Myofibrillen machen mit rund 80 Prozent den Großteil des Cytoplasmas aus und sind die kontraktilen Elemente der Skelettmuskeln. Sie sind zylindrisch und von 1 bis 2 μm Durchmesser.

Myofibrillen sowie Actin- und Myosinfilamente sind regelmäßig in hochorganisierter Struktur angeordnet und geben Skelettmuskeln in elektronenmikroskopischen Aufnahmen ein gestreiftes Aussehen. Aus diesem Grund wird die Skelettmuskulatur auch als quergestreifte Muskulatur bezeichnet. Auch der Herzmuskel weist diese Querstreifung auf. Er hat jedoch ein eigenes Erregungsleitsystem mit dem Sinusknoten als Taktgeber und kann nicht verkrampfen. Daher wird er als eigene Muskelart eingeordnet. (2)

Die Myofibrillen der Muskelfasern quergestreifter Muskeln bestehen aus eine Abfolge kontraktiler Einheiten, die als Sarkomere bezeichnet werden. Ein Sarkomer ist circa 2,5 μm lang. Es sind diese Sarkomere, die die Querstreifung ausmachen.

Sie bestehen aus drei Typen von Filamenten, den dünnen Actinfilamenten, den dicken Filamenten aus Myosin II, das spezifisch für Muskeln ist, sowie den in den 90er Jahren entdeckten Titin-Filamenten. Dicke Myosinfilamente liegen in der Mitte des Sarkomers. Die Actinfilamente an den Enden an der sogenannten Z-Scheibe.

Beide Typen von Filamenten überlappen und greifen ineinander. Actin und Myosin haben eine hohe Affinität zueinander, das heißt sie gehen leicht eine Bindung ein. Titin-Filamente reichen von einer Z-Scheibe zur anderen und durchlaufen die Myosinfilamente, an die sie binden.  An ihren Enden spalten sie sich auf und sind elastisch. Titin-Filamente sind für die Muskellänge, Integrität und Elastizität im Ruhezustand wichtig.(1)

Der komplexe Aufbau des Muskels lässt sich demnach in folgende Elemente gliedern:

  • Skelettmuskel
  • Faserbündel (sekundäre und primäre)
  • Muskelfaser (Zellen)
  • Myofibrillen
  • Sarkomere
  • Actin-, Myosin-, Titinfilamente

Skelettmuskelfaser können zudem in drei Typen unterschieden werden:

Typ I  Auch rote Muskelfasern oder slow twitch (ST), langsam kontrahierende Faser genannt. Ermüdet erst spät, aber reagiert langsamer auf Reize und entwickelt wenig Kraft. Dieser Typ wird durch Ausdauersport trainiert.
Typ II b / c  Der Mensch hat Typ IIb. Auch weiße Muskelfaser oder fast twitch (FT), schnell kontrahierende Faser genannt. Sie ermöglicht eine schnelle Reaktion, hohe Krafterzeugung und ermüdet schnell. Sie ist beispielsweise in der Muskulatur von Sprintern sehr ausgeprägt vorhanden.
Typ II a Ein intermediärer Typ, der zur weißen Muskelfaser zählt. Diese schnellen Fasern ermüden jedoch später.

Bewegungen des Körpers wie Gehen oder Schwimmen beruhen auf der Kraft der Skelettmuskeln, die sie zu starken Kontraktionen befähigt und so Knochen und Gelenke zielgerichtet bewegen lässt. Zur Kontraktion bedarf es an Nervenreizen.

Herzmuskel und glatte Muskeln bewegen sich dagegen unwillkürlich. Alle Muskeltypen verwenden jedoch für die Kontraktion die Moleküle Actin und Myosin auf eine sehr ähnliche Art und Weise.

Das Gleitfasermodell der Muskelkontraktion beschreibt, wie die Filamente interagieren und Bewegung erzeugen.(2) Während einer Kontraktion verkürzt sich der Muskel, indem Actin- und Myosinfilamente ineinander gleiten, ohne selbst verkürzt zu werden. Die Verkürzung der Sarkomere bewirkt die Kontraktion des Muskels.

Myosinfasern verfügen über Myosinköpfe, die seitlich aus dem Filament hervorragen und mit den Actinfasern interagieren. Jede Myosinfaser hat rund 300 Myosinköpfe.

Kommt ein Nervenimpuls an, wandern die Myosinelemente durch Bewegungen der Myosinköpfe an den Actinfasern entlang, wobei die Köpfe sich abwechselnd anheften und loslösen. Diese Bewegung kann nur in eine Richtung erfolgen und der Muskel zieht sich zusammen.

Bei der Entspannung lassen die Myosinköpfe die Actinfilamente los und die Filamente gleiten wieder auseinander. Die Bewegung der Myosinköpfe verbraucht dabei große Mengen an Energie in Form von ATP.

Ein Myosinkopf, der am Actinfilament heftet, bindet schnell ATP und löst sich anschließend vom Actin und bewegt sich ein Stück (5 nm) weiter. Anschließend kommt es zur ATP-Hydrolyse und damit Energiefreisetzung. Myosin bindet wieder an das Actinfilament.

Bei der Freisetzung von ADP und Phosphat erfolgt der Kraftschlag, der das Actinfilament weiterbewegt. Für jede Bewegung wird ein Molekül ATP verbraucht und pro Sekunde finden etwa fünf dieser Bewegungen statt. So wird es möglich, dass ein Muskel innerhalb einer Zehntel Sekunde kontrahiert.

Skelettmuskeln bewegen sich nur aufgrund entsprechender Nervenimpulse. Schließlich kommt es zu einer Ausschüttung von Calcium aus dem sarkoplasmatischen Reticulum ins Cytosol. Das Calcium bewirkt indirekt eine Bindung der Myosinköpfe an Actinfilamente, indem es an Tropomyosin und Troponine bindet. Beide Proteine verhindern in der Entspannung eine Bindung der Myosinköpfe an Actinfilamente.

Das Nervensignal erreicht alle Sarkomere gleichzeitig und ermöglicht eine synchrone Auslösung der Kontraktionen der Myofibrillen. Nach Beendigung des Signals wird Calcium in das sarkoplasmatische Reticulum zurückgepumpt und Troponine und Tropomyosin blockieren wieder die Myosinanbindung.

Nur der komplexe und gleichzeitig hoch geordnete Aufbau der Skelettmuskeln ermöglicht diese schnelle und gezielt gesteuerte Reaktion.

Die Kontraktion der glatten Muskulatur verläuft grundsätzlich anders. Hier kommt es auch zum Anstieg der Calciumkonzentration. Dadurch wird Myosin II phosphoryliert und kann anschließend mit Actin wechselwirken. Diese Reaktion erfolgt langsam, kann aber durch verschiedene Botenstoffe ausgelöst werden, darunter Adrenalin oder Serotonin.

Werden Muskeln regelmäßig über das normale Maß hinaus beansprucht, passen sie sich dieser Anforderung an und nehmen an Volumen zu. Dabei kommt es zu einer Verdickung der Muskelfasern, der sogenannten Muskelhypertrophie, die bei jedem der drei Fasertypen vorkommen kann. Durch gezieltes Training kann man die Muskelhypertrophie herbeiführen und die Muskelarbeit führt zu einer höheren Zahl an Myofibrillen.(3)

Dafür wird vermehrt Protein zum Muskelaufbau benötigt, das in den Muskelfasern synthetisiert wird. Während einer Hypertrophie erhöht sich im Muskel die Zahl der Mitochondrien oder Sarkosome zur Energiebereitstellung, wodurch es ebenfalls zur Volumenzunahme kommt, sowie die Anzahl an Zellkernen, Myonuclei. Die neuen Nuclei entstehen jedoch, bevor es zu einer Größenzunahme der Muskelfasern kommt, haben eine lange Überlebensdauer und bleiben auch bei längerer Inaktivität bestehen, bei Ratten nachweislich mindestens drei Monate lang. Im Alter nimmt die Fähigkeit, neue Nuclei zu bilden, dagegen ab. Die Forscher vermuten, dass diese Myonuclei das „Trainings-Gedächtnis“ des Muskels darstellen und ihre Fähigkeit, die Proteinproduktion zu verstärken, die Hypertrophie auslösen könnte.(4)

Es gibt derzeit keine Belege darüber, dass die neugebildeten Nuclei überhaupt wieder abgebaut werden und Zellversuche zeigen, dass sie auch bei Atrophie, also einem Abbau der Muskeln, bestehen bleiben.(5)

Damit könnten die Nuclei ein Leben lang erhalten bleiben und man kann vermutlich lange von Krafttraining in jungem Alter profitieren. Im Alter nimmt bekanntermaßen die Muskelkraft ab, was zu Gesundheitsproblemen führt, und die Größe der Muskelfasern ist ein kritischer Faktor im Alterungsprozess. (6)

Zudem konnte an Tieren gezeigt werden, dass eine Hypertrophie im Alter sehr viel langsamer stattfindet. Dabei fanden sich bei älteren Tieren niedrigere Level an mRNA und Proteinen im Sarkoplasma, was laut den Wissenschaftlern eine Ursache für Muskelschwund, Sarkopenie, im Alter sein könnte.(7)

Neben der Neubildung von Zellkernen geht der Muskelhypertrophie eine Aktivierung der sogenannten Satellitenzellen voraus, die postnatal als Muskelstammzellen dienen. Sie liegen in inaktiver Form zwischen Zellmembran der Muskelfasern und dem Bindegewebe. Nach ihrer Aktivierung zu Beginn der Hypertrophie oder nach Muskelverletzungen können sie sich teilen, differenzieren und mit Muskelfasern fusionieren. Werden sie experimentell zerstört, wird die Hypertrophie deutlich gehemmt.(8)

Satellitenzellen sind vermutlich die Quelle der neuen Myonuclei und ihre Fähigkeit zur Differenzierung nimmt bei Tier und Mensch im Alter ab.(9)

Unter Hyperplasie versteht man dagegen die Vermehrung von Muskelfasern. Ob eine echte Hyperplasie bei Skelettmuskeln möglich ist, ist umstritten und unwahrscheinlich. In der glatten Muskulatur dagegen kann es unter bestimmten Umständen zu einer Hyperplasie kommen, beispielsweise als Symptom von Morbus Crohn (10), in Muskeln der Atemwege von Asthmakranken (11) oder als Folge von Kokain-Einnahme, wobei die Hyperplasie eine Erweiterung der Herzkranzgefäße verursacht.(12)

Bei Mäusen konnte die Hyperplasie der glatten Muskeln durch die Überexpression des Wachstumshormons IGF-1 induziert werden.(13)

Bei Inaktivität kommt es zum Muskelabbau, der Atrophie, und es wird weniger Glukose aus dem Blut verbraucht, was eine verlängerte Insulinausschüttung und im schlimmsten Fall damit auf Dauer eine Insulinresistenz und Diabetes auslösen kann.

Auch die Blutfettwerte steigen an. Durch solche und andere Konsequenzen von mangelnder körperlicher Aktivität wird den sogenannten Zivilisationskrankheiten Vorschub geleistet, die in der Wohlstands-Gesellschaft besonders häufig auftreten, da neben Bewegungsmangel ein Überangebot an Nahrung besteht.

Krafttraining ist eine effektive Vorbeugung und ein Anti-Aging-Mittel, das helfen kann, lange fit und leistungsfähig zu bleiben.

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Quellen:

  1. Tskhovrebova & Trinick. Roles of titin in the structure and elasticity of the sarcomere. Journal of Biomedicine and Biotechnology. 2010;2010:612482. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2896707/
  2. Nach: Alberts et al. Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie. Wiley-VCH; 2. korrigierte Auflage. 2001
  3. Seiden et al. Quantitative analysis of muscle cell changes in compensatory hypertrophy and work-induced hypertrophy. Am J Anat. 1976 Apr;145(4):459-65. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1266779
  4. Bruusgaard et al. Myonuclei acquired by overload exercise precede hypertrophy and are not lost on detraining. PNAS USA. 2010 August 24; 107(34): 15111–15116. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2930527/
  5. Gundersen & Bruusgaard. Nuclear domains during muscle atrophy: nuclei lost or paradigm lost? The Journal of Physiology. 2008 Jun 1;586(Pt 11):2675-81. Epub 2008 Apr 25. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2536588/
  6. Hughes & Schiaffino. Control of muscle fibre size: a crucial factor in ageing. Acta Physiol Scand. 1999 Dec;167(4):307-12. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10632631
  7. Alway et al. Potential role for Id myogenic repressors in apoptosis and attenuation of hypertrophy in muscles of aged rats. American Journal of Physiology, Cell Physiology. 2002 Jul;283(1):C66-76. https://ajpcell.physiology.org/content/283/1/C66.long
  8. Rosenblatt et al. Satellite cell activity is required for hypertrophy of overloaded adult rat muscle. Muscle & Nerve. 1994 Jun;17(6):608-13. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8196703
  9. Schultz & Lipton. Mechanism of Ageing and Development. Skeletal muscle satellite cells: changes in proliferation potential as a function of age. 1982 Dec;20(4):377-83. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7166986
  10. Flynn et al. Endogenous IGF-I and αVβ3 Integrin Ligands Regulate the Increased Smooth Muscle Hyperplasia of Stricturing Crohn’s Disease. Gastroenterology. 2010 January; 138(1): 285. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2813387/
  11. Bentley et al. Airway smooth muscle hyperplasia and hypertrophy correlate with glycogen synthase kinase-3β phosphorylation in a mouse model of asthma. American Journal of Physiology – Lung Cellular and Molecular Physiology. 2009 February; 296(2): L176–L184. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2643992/
  12. Bhavsar et al. Epicardial coronary artery intimal smooth muscle hyperplasia in a cocaine user. World Journal of Cardiology. 2011 October 26; 3(10): 337–338. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3206972/
  13. Wang et al. Targeted overexpression of IGF-I evokes distinct patterns of organ remodeling in smooth muscle cell tissue beds of transgenic mice. The Journal of Clinical Investigation. 1997 Sep 15;100(6):1425-39. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC508321/